Foto: Markus J. Bachmann
WOYZECK
Georg Büchner
Inszenierung: Julie Grothgar // Ausstattung: Daniel Breitfelder
Mit Emily Allan, Hannah Holthaus, Markus J. Bachmann, Francisco Akudike Valcarcel
Friedrich Johann Franz Woyzeck ist hauptberuflich Soldat, aber sein Sold reicht nicht für den Unterhalt von seiner Freundin Marie und ihrem gemeinsamen Kind. Deswegen hat er zwei weitere Jobs. Einem behäbigen Hauptmann dient er als persönlicher Assistent, Laufbursche und Barbier. Von ihm muss sich Woyzeck dessen moralisierende Belehrungen über sein uneheliches Kind anhören; Vorwürfe, die leicht ausgesprochen werden, wenn man, wie der Hauptmann, in ökonomischer Sicherheit lebt. Darüber hinaus führt ein skrupelloser Arzt Menschenexperimente an Woyzeck durch und stellt ihn mehrfach öffentlich bloß. Der Arzt möchte das Viehische im Menschen an seinem Versuchskaninchen Woyzeck zeigen und demonstriert damit seine eigene inhumane Natur. Die größte Demütigung fügt der Tambour-Major Woyzeck zu. Erst stellt er unverhohlen Marie nach, schafft es, sie zu verführen und prahlt mit seiner sexuellen Überlegenheit.
Woyzeck ist einer jener ausgebeuteten Arbeiter, die nicht aus mangelndem Widerstandswillen, sondern aus rein materiellem Zwang das tun, was sie „zu tun haben“. Einer jenen in prekären Verhältnissen, die nicht an den Punkt des Stillstands kommen können, weil sie in einem Arbeitssektor gefangen sind, der sie krank macht. Er saugt sie aus und raubt ihnen die eine Kraft für die nötige Revolution gegen die Arbeitsverhältnisse der Ausbeutung. Woyzeck ahnt, dass es nicht stimmt, was mit ihm geschieht. Wohin aber sollte die Kraft dieser Ahnung entweichen, wenn nicht im organisierten Streik?
Woyzeck hingegen tötet seine Partnerin. Aber er begeht „den falschen Mord“: An der Mutter seines Kindes, an seinem Zuhause, seiner Sicherheit und letztlich dadurch an seiner Freiheit und an sich selbst.
So ist die Tragik dieses „Arbeitswütenden“ darin begründet, dass er seine explosive Kraft nicht in die Veränderung der bestehenden Verhältnisse, sondern in die Zerstörung eines Menschenlebens investiert hat. Wir hören den Knall und realisieren die Dramatik einer scheinbar ausweglosen Situation. Doch wäre der Ausweg möglich gewesen: in der Veränderung der Verhältnisse, die uns glauben lassen, es gäbe keinen Ausweg.